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Die Kirchen der Eckelsheimer

Seit dem Jahr 1741 - seit mehr als 250 Jahren also - kommt die Eckelsheimer Gemeinde in ihrer heutigen Dorfkirche zusammen. Diese wurde bereits ab dem Jahr 1724 geplant. Nach einigen Schwierigkeiten gelang es den Eckelsheimern schließlich auf eigene Kosten und durch ihrer Hände Arbeit, die neue Kirche 1741 zur Vollendung zu bringen. Das Gotteshaus wird gekrönt von dem 23,49 Meter hohen Turm mit schmiedeeisernem Kreuz und Wetterhahn. Die Kirche hat zwei Glocken. Im Laufe ihrer Geschichte ist die Eckelsheimer Kirche mehrfachen Reparaturen unterzogen worden. Die letzte Außenrenovierung fand im Jahr ihres 250-jährigen Bestehens statt. (Siehe auch evangelische Kirche)

Davor machten sich die Eckelsheimer zum Kirchgang auf den Weg nach Gosselsheim. Die Gosselsheimer Kirche wurde 962 zum ersten Mal erwähnt und war Pfarrkirche für die Gemeinden Gosselsheim, Eckelsheim und Gumbsheim. Auch die Beller Kirche war eine „Filialkirche“ der Gosselsheimer. Das Dorf Gosselsheim hatte zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon keine Einwohner mehr. 1591 bat der Pfarrer von Gosselsheim um die Verlegung des Pfarrhofes in den Eckelheimer Klosterhof, da er sich sich der Gefahr durch „lose umbstreichende Landsknecht“ ausgesetzt sah. Ab 1603 wurde auch der Gottesdienst in die Eckelsheimer St.-Mauritius-Kapelle verlegt. Im Jahr 1648, dem letzten Jahr des 30-jährigen Krieges, brannte die Gosselsheimer Kirche ab. Nach dem Wiederaufbau (1682-1695) hat die Kirche nur wenige Jahre bestanden, denn bereits 1765 „stürzten die letzten Mauerreste ein“. Leider ist uns über die Bauweise und die Ausstattung nichts überliefert. (Siehe auch Chronik Gosselsheim)

Die Eckelsheimer St.-Mauritius-Kapelle wird schon im Jahr 1355 erwähnt. Mit dem Umzug des Pfarrers von Gosselsheim nach Eckelsheim hat sie sicher an Bedeutung gewonnen. Diese Kapelle war nach dem Heiligen Mauritius benannt. Auch über die Mauritiuskapelle ist uns nichts näheres bekannt. Lediglich historische Lagepläne und einige Mauerreste belegen ihren Bestand.

Bis zum Jahr 1822 blieb Eckelsheim Pfarrsitz. Durch die „Wörrstädter Union“ im Jahr 1822 wurden alle rheinhessischen Gemeinden unierten Bekenntnisses, d.h. die vorher selbständig nebeneinander existierenden protestantischen Kirchen (die lutherische und die reformierte) wurden zur „evangelischen Kirche“ zusammengeschlossen. In diesem Zusammenhang verlor Eckelsheim seinen Pfarrsitz und wurde der Pfarrei Siefersheim zugeordnet.

Die Beller Kirche

Die Inschrift über dem ehemaligen Haupteingang der Beller Kirche nennt das Jahr 1519, das vermutlich den Abschluss des gesamten Bauwerks kennzeichnet. Nach einer Urkunde von 1490 waren bereits zu diesem Zeitpunkt „Chor und Altar zu Ehren Unserer Lieben Frau in den Bellen“ errichtet und es wurde ein Messstipendium gestiftet. Ein Widerspruch?

Das jüngste baugeschichtliche Gutachten von Kappel und Frank ergab den Befund, dass entgegen der bis dahin herrschenden Forschungsmeinung die spätgotische Kirche keineswegs ein „einheitlicher Bau“ ist, sondern das Resultat von zwei voneinander weitgehend unabhängigen, aber zeitlich recht kurz aufeinanderfolgenden Bauphasen. In einer ersten Bauphase wurden der Chor einschließlich des hohen Chorbogens und das Erdgeschoss der südlich angrenzenden Sakristei errichtet. Der Chorbogen war durch eine Holzwand geschlossen, so dass die Kirche bereits genutzt werden konnte. Die zweite Bauphase umfasste den gesamten, in sich einheitlichen Langhausbereich und das Obergeschoß der Sakristei. Das Inschriftdatum 1519 am Westportal bezeichnet wahrscheinlich den Abschluss der zweiten Bauphase und damit des gesamten Kirchenbaus. (Interessanterweise wurde der Chorbogen beim Bau des Langhauses tiefergelegt - vermutlich, weil sonst in dem abfallenden Gelände die Dachhöhe zu groß geworden wäre.)

Die Kirche erhebt sich auf einem Areal vorgeschichtlicher Besiedlung und besaß mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Vorgängerbau („belen kirch“). Die Herkunft des Namens ist unklar und es gibt fast ein Dutzend Theorien dazu:

  • von einem untergegangenen Ort namens Bellen, Böllen, Bellheim oder Bellenhofen
  • von dem über der Kirche gelegenen Hügel („undir beldin“, 1365)
  • von der rheinhessischen Bezeichnung Bellen (für Pappeln)
  • von der Weihung an Maria und eventuell der Darstellungsform des Altarbildes („Bella Maria“)
  • von dem keltisch Gott Belenos (Gott der Heilung und der Quellheiligtümer)

Für die verbreitete These, der Bau habe bis zur Reformation als Wallfahrskirche gedient, gibt es keine direkten Quellenbelege. Indiz hierfür ist jedoch die Erwähnung einer nahegelegenen Feldmark namens Pilgerfahrt. Auch bei dem „Beller Markt“, der bezeugt von 1620 bis 1902 alljährlich von Dienstag bis Freitag nach dem Fest der Geburt Mariä an der Kirche abgehalten wurde, kann es sich um das Relikt einer Wallfahrt handeln. Alternativ hierzu wäre die Ruine als Wüstungskirche mit ortsfester Markttradition anzusehen, wofür es aber keine weiteren Hinweise gibt.

Unklar ist auch, wann und warum das Bauwerk ruinös wurde: Bietet der Volksmund Angaben zu einer Entweihung durch einen Mord in der Kirche, werden in der Forschung die Reformation bzw. der Dreißigjährige Krieg hierfür vermutet; aber auch der Orléanssche Krieg müsste in Betracht gezogen werden. Da die Grafen von Falkenstein im Jahre als 1584 Herren über Kirchenrechnung und Kirchenregiment zur Bellen erwähnt werden, darf davon ausgegangen werden, dass der Bau noch im ausgehenden 16. Jh. in Funktion war. Im Jahr 1774 ist die Beller Kirche auf einer Karte als Ruine eingezeichnetund 1808 „standen die Seitenmauern in ganzer Höhe“ - sehr ähnlich wie heute. Die während des „Beller Marktes“ als Tanzboden und zudem als Lagerplatz für Feldfrüchte genutzte Ruine wurde schließlich im Jahre 1905 erstmals aufgenommen und baulich gesichert. Aus dem hierzu 1902 erstellten denkmalpflegerischen Gutachten resultiert das Fehlen der Sakristei, der Gewölbe und des Daches, aber auch die heute noch gültige Bewertung der Kirche als „Rest … eines einheitlichen Baues vom Jahre 1519“. Das Bauwerk wurde 1979 im Bereich der Mauerkronen, 1987–88 am nordöstlichen Chorfenster gesichert. In den Jahren 1998/99 erfolgten weitere umfangreiche konservatorische Maßnahmen.

Der Beller Markt

Bis zum Jahr 1902 wurde an Mariä Geburt mehrere Tage lang rund um die Beller Kirche der Beller Markt abgehalten. Er besaß Volksfestcharakter und war für eine weite Region Vergnügungs- und Einkaufszentrum. Der Eckelsheimer Pfarrer hielt in der Beller Kirche eine Predigt. Er hatte darüberhinaus an diesem Tag dem Ortsherrn eine Gans zu liefern, wurde dafür aber von diesem am Markttag samt seiner ganzen Familie freigehalten (nach einem Kirchenbucheintrag von 1705). In seinen Lebenserinnerungen schreibt der in Wendelsheim geborene Magister Friedrich Christian Laukhard: „Eine halbe Stunde von Wendelsheim wird jährlich ein berühmter Jahrmarkt unter dem Namen Beller Markt gehalten, und zwar im blanken Felde, woran mehrere Ortschaften (Eckelsheim, Wendelsheim, Wonsheim und Stein-Bockenheim) teilnehmen. Dahin kommen Kaufleute und Krämer viele Meilen her, von Mainz, Worms, Mannheim, ja sogar von Frankfurt und Straßburg. Es werden auch eine Menge Weinhütten, ungefähr fünfzig errichtet und von allen Bierfiedlern aus dem ganzen Umkreis bemusizieret. Daher besucht die dortige Gegend von weither den Jahrmarkt. Da findet man Gräfliche und Adlige, Zivilbediente und Prediger, Frauenzimmer von Stande, auch Hans und Gretel, Krethi und Plethi, nebst einer ansehnlichen Menge Töchter der Freude, und die Anzahl dieser letztern soll sich, wie man sagt, noch jährlich vermehren.“ Zu jener Zeit soll die Kirche als Tanzboden gedient haben. 1858, so wird berichtet, sei so stark getrunken worden, dass das Wasser des nahegelegenen Bellerbrünnchens nicht ausgereicht habe, die Gläser zu spülen. Gelegentlich sei auch Schinderhannes zu Gast gewesen.

Aus der Regulation (Ordnung) beim Beller Markt von 1850 geht hervor, dass gegen die Entrichtung einer bestimmten Gebühr für die Buden und Stände das Platzrecht festgelegt war. Als Gegenleistung für die Einnahme des Marktstand- und Hüttengeldes hatte die Gemeinde Eckelsheim während dreier Tage und zweier Nächte die Sicherheitswachen für den Markt zu stellen. Diese hatten unter dem Kommando des Eckelsheimer Bürgermeisters die Buden und Stände zu bewachen, auf Diebe achtzugeben, jedem Unfug und Streit zu wehren. Auf dem Beller Markt gab es zahlreiche Verkaufsstände (Lamprechter Tuchhändler, Pirmaseneser Schuhhändler, Kirchheimbolander Spinnräderverkäufer, Körbe, Porzellan-, Irden-, Steingeschirr, Zuber, Bütten und vieles andere mehr). Reitschulen, Kunstreiter und Seiltänzer zeigten ihre Künste und Ausrufer forderten auf zum Besuch der Panoramas, Wachskabinette und sonstiger Schaubuden. Eine Reihe Wein- und Kaffeezelte sowie Metzgerhütten sorgten für das leibliche Wohl der Besucher. Orgelspieler, Harfenspieler und Musikanten spielten überall auf. Auch eine Kegelbahn war vorhanden.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts verlor der Beller Markt nach und nach an Bedeutung. In der Umgebung hatten sich die Einkaufsmöglichkeiten wesentlich verbessert, sodass der Beller Markt für die Schausteller und fliegenden Händler kein lohnendes Geschäft mehr war. Auch wurden in den umliegenden Dörfern die eigenen Kirchweihen vermehrt gefeiert. Der Beller Markt fand 1902, nur von Eckelsheim ausgerichtet, zum letzten Mal statt. Seitdem feiern die Eckelsheimer ihren Beller Markt als „Kerb“ im Dorf.

Nach längerem „Dornröschenschlaf“ ist die romantische Ruine seit 1982 wieder stärker ins Blickfeld gerückt und hat sich zu einer beliebten Stätte der Begegnung entwickelt.

Quellen:

  • Eckelsheim und seine Geschichte 1293–1993, hrsg. von der Ortsgemeinde Eckelsheim, 1993
  • Chronik der Verbandsgemeinde Wöllstein, Gabriele Plattes, hrsg. von der Verbandsgemeinde Wöllstein, 1992
  • „Kunst in Hessen und am Mittelrhein“, Bd. 36/37, 1996/1997, S. 87-93 von Dr. Kai Kappel (München) u. Lorenz Frank M.A. (Mainz)
  • Beller Kirche - Mysterium am Wegesrand, Beate Wridt u.a., hrsg. vom Förderverein Kulturdenkmal Beller Kirche e.V., 2007
  • Broschüre „Bella Kultura“ (www.bellakultura.de)
kirchen.txt · Zuletzt geändert: 13.07.2008 11:50 von arno